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Was tun gegen emotionales Essen?

Meine Klientin, ich nenne sie jetzt einfach mal Paula, kommt das erste Mal im neuen Jahr in meine Praxis und erzählt mir, dass sie in den Rauhnächten, der Zeit zwischen den Jahren, beschlossen habe, ab diesem Jahr endlich keine Diäten mehr zu machen und keine Kalorien mehr zu zählen. Ihr sei bewusst geworden, dass das nicht der richtige Weg sei, ihr emotionales Essen in den Griff zu bekommen.

 

Viel zu oft schon hast vielleicht auch Du Dir ein paar Kilos runtergehungert und mit dem ewigen Auf und Ab Deinem Körper eher geschadet, als ihm etwas Gutes zu tun.

 

Es hat sich irgendwie auch immer wie ein Kampf GEGEN Dich selbst, Dein Sein, Dein Aussehen, Deinen Zustand, angefühlt und dieser Kampf erschöpft Dich immer mehr und mehr. Und vor allem lässt er Dich immer mehr resignieren und in einem tiefen Gefühl von "Ich werde es eh nie schaffen" versinken.

 

Und glaube mir, wenn ich hier darüber schreibe, weiß ich wirklich wovon ich da schreibe!!! Denn ich selbst habe viele Jahre diesen inneren Kampf mit mir geführt und auch heute flammt er immer noch mal wieder auf, wenn ich nicht sehr achtsam mit mir umgehe.

Quälende Selbstverurteilung

Meine Klientin ist eine wundervolle, wunderschöne Frau. Und ihre größte Sorge ist stets, die Kontrolle zu verlieren. Sie versucht alles, eben auch ihr Gewicht, mit Härte und Strenge und Durchhaltevermögen zu kontrollieren. Und gleichzeitig merkt sie, dass sich ihr Gewicht ihrer Kontrolle total entzieht.

 

Ich benenne die Härte, die ich in ihr spüre. Insbesondere sich selbst gegenüber, und frage sie, ob sie gelegentlich auch mal milde mit sich selbst sei, liebevoll, gütig. Ob sie sich auch mal verzeihen könne. Sie denkt einen kurzen Moment darüber nach und gibt letztendlich zähneknirschend zu, dass sie dieses Gefühl der Milde mit sich selbst eigentlich nicht wirklich kenne.

Psychotherapie gegen emotionales Essen

Ich hole, wie es in der Gestalttherapie so üblich ist, einen leeren Stuhl ins Setting und sage der Klientin, dass dort, auf dem leeren Stuhl jetzt mal die Milde sitzt. Sie soll sie einmal anschauen und mir beschreiben, was sie dort wahrnimmt.

 

Sie schaut rüber und sagt: "Ich kann die Milde nicht wahrnehmen. Ich sehe sie gar nicht!".

 

Ich bitte sie, den Platz zu wechseln: "Sei jetzt bitte einmal die Milde". Sie schlüpft in die Rolle der Milde und ich frage sie, ob sie die Klientin dort drüben auf dem Sessel sehen und wahrnehmen könne.

 

"Ja, ich nehme sie wahr. Dort ist so viel Druck. Aber wirklich sehen kann ich sie auch nicht."

 

"Was ist denn da zwischen Euch, dass Du sie nicht sehen kannst?"

 

"So eine Art undurchsichtige Hülle!".

 

"Ist die Hülle um Dich herum oder um die Paula dort drüben auf dem Sessel?"

 

"Sie ist um die Paula herum, deshalb kann sie mich nicht sehen und ich kann sie nicht sehen!"

 

"Wie geht es Dir, liebe Milde?"

 

"Ich habe Mitgefühl. Ich mag die Paula! Aber sie kann das nicht spüren."

 

Nun bitte ich die Klientin, den Platz der Hülle einzunehmen. Das mag etwas experimentell klingen, ist aber ein sehr guter und in der Gestalttherapie klassischer Weg, mehr Bewusstheit in die Klientin zu bringen.

 

"Wie geht es Dir dort als Hülle und was ist Deine Funktion?"

 

"Mir geht es soweit gut. Meine Funktion ist, die Paula vor Verletzungen zu beschützen!"

 

"Schau mal zu der Milde - hast Du das Gefühl, Du müsstest die Paula vor der Milde beschützen?"

 

"Nein, davor, dass die Mama sie wieder allein lässt, wenn es ihr nicht gut geht!"

 

Der Grund für das emotionale Essen zeigt sich

Ich bitte die Klientin, aus dem Setting herauszutreten und mit mir gemeinsam die Situation von außen zu betrachten.

Sie erkennt, dass sich hier ein Gefühl aus ihrer Kindheit zeigt. Die Milde ist die Ur-Mutterenergie. Wir könnten also auf dem leeren Stuhl auch die Mutter der Klientin sitzen haben. In ihrer Kindheit fühlte sich Paula nie genug von ihrer Mutter auf emotionaler Ebene genährt. Sie war eher hart und nicht besonders herzlich. Aber vor allem war sie nie zuverlässig da.

 

Paula hatte als Kind Hunger nach Emotionalität, nach Resonanz, nach Herzlichkeit der Mutter. Diese hat sie immer wieder nicht bekommen und aus diesem Grund eine Schutzmembran um sich herum aufgebaut, die sie selbst hart werden ließ, damit es nicht mehr so verletzend ist, wenn wieder keine Zuwendung kommt. Sie hat gelernt, sich und ihre Emotionen zu kontrollieren. Wahrscheinlich auch mit Hilfe von süßem Essen. Die Süße der Schokolade hat die Süße der Mutterzuwendung vermutlich ersetzt.

 

Häufig ist es z. B. auch so, dass kleine Kinder mit süßen Getränken oder Süßigkeiten beruhigt wurden. Du weinst, hast Schmerzen, Herzweh - hier hast Du was Süßes und nun sei wieder fein ruhig. Du bist krank? Ein Löffel Honig wird es wieder richten. Dann geht es Dir schnell wieder besser. All diese Situationen können emotionale Unterernährung begünstigen. Denn, das was ein Kind mit emotionalem oder körperlichen Schmerz eigentlich braucht, ist die Herzlichkeit und das Mitgefühl der Mama und kein süßes Trostpflaster, unter dem sich der Schmerz gut verstecken lässt.

Auflösung alter Muster

Ich bitte Paula nun, sich noch einmal auf den Platz der undurchsichtigen Membran, der Schutzhülle, zu stellen und zu spüren, dass von der Milde dort auf dem leeren Stuhl keine Gefahr ausgeht, sondern ganz viel Wärme und Liebe zu der Paula strömt. Ich frage sie, ob sie in diesem Moment noch eine Funktion hätte. Sie verneint es und sagt: "Eigentlich könnte ich mich jetzt in der Wärme auflösen! Die Paula braucht mich gar nicht". Ich bitte sie, das zu tun. Die Membran, der Schutz verschwindet. Ich bitte die Klientin nun, nochmal auf dem Sessel Platz zu nehmen. 

 

"Wie geht es Dir, jetzt wo diese Schutzmembran weg ist?" Sie antwortet, sie könne besser atmen, fühle sich freier und es sei ungewohnt, so einen freien Blick zu haben. Sie fühle sich nicht mehr so eingeengt und allein.

 

Ich bitte sie, zur Milde zu schauen und wahrzunehmen, wie viel Liebe ihr von dort entgegengebracht wird. In dem Moment bricht übrigens der Himmel auf und die Sonne scheint direkt in das Gesicht der Klientin. Das ist etwas, was ich immer wieder in meiner tiefen Arbeit beobachte. Das Universum, die Natur, arbeitet mit - für meine Klientinnen! Ist das nicht zauberhaft?

 

Sie blinzelt also in die Sonne und sagt: "Es ist so hell - ich kann gar nicht hinschauen!" Ich bestätige ihr diese Erkenntnis: "Ja, dort drüben auf dem Stuhl sitzt die Ur-Mutter-Energie. Sie ist milde, liebevoll und vor allem bedingungslos. Sie liebt Dich und strahlt für DICH! Schließe einmal Deine Augen und spüre mal diese Wärme, diese Liebe, diese Zuwendung, diese übersprudelnde Quelle der Ur-Mutterliebe, die gerade für Dich strömt."

 

Sie schließt die Augen und Tränen beginnen über ihre Wangen zu laufen. Ich erkläre ihr mit sanften Worten, dass diese universelle Mutter-Liebe viel, viel, viel größer ist, als die Liebe, die sie jemals von ihrer eigenen Mutter hätte erhalten können. Diese Liebe ist göttlich. Diese Liebe kommt aus Dir selbst heraus und ist überbordend und unbegrenzt. Sie steht Dir immer zur Verfügung und Du kannst Dir jederzeit soviel davon nehmen und Dich so satt machen, wie Du möchtest! In diesem Moment bist Du verbunden mit der großen, göttlichen Quelle, die nie versiegt.


Und auch die Liebe anderer Menschen, und davon gibt es in ihrem Umfeld jede Menge,  kann nun, ohne diese Schutzmembran aus alten Zeiten, zu ihr durchdringen. Sie hat nun die Möglichkeit, sich auf Herzebene satt zu machen. Denn es ist ja überall genug da, die konnte es nur bisher nicht in sich aufnehmen. 

Einheitserfahrung gegen emotionales Essen

Das, was die Klientin hier gerade ganz tief in jeder Zelle erfährt, ist ein sogenanntes Einheitserlebnis. Sie spürt, dass sie verbunden ist mit der großen Mutter, mit dem Spirit, mit der universellen Liebe, mit der Göttinnenenergie oder wie auch immer Du es gern benennen möchtest. Sie begreift mit jeder Zelle, dass dieses Licht, diese Wärme und diese Liebe alles übersteigt, was sie jemals von ihrer Mutter hätte empfangen können. Dass diese Liebe alles übersteigt, was ihr Verstand jemals hätte produzieren können. Dass diese Liebe größer und allumfassender ist, als jeder Versuch, ihr Leben zu kontrollieren. Dass diese Liebe nicht fragt, ob sie 50 oder 100 Kilo wiegt.

 

Das alles spielt in diesem Moment überhaupt keine Rolle mehr, denn in diesem Moment kann sie sich EMOTIONAL total satt machen und erkennt, dass diese unendliche Quelle ihr immer zur Verfügung steht, wenn sie sich emotional hungrig fühlt.

 

Eine Einheitserfahrung bedeutet immer, zu spüren, dass Du NICHT getrennt und alleine, sondern IMMER vollkommen verbunden und unendlich und unerschöpflich geliebt bist.

Integration

Ich lasse die Klientin noch eine Weile in der liebenden Güte, der Wärme, der Milde und der unendlichen Liebe baden, bevor ich sie sanft ins Hier & Jetzt zurück hole. Ich bitte sie, diesen weit geöffneten Herzenszustand mit aus diesem geschützten Raum hinaus zu nehmen, noch eine Weile so offen und in der Liebe zu bleiben. Sich dabei zu beobachten, wenn das Herz wieder zu geht und der Verstand wieder die Kontrolle übernehmen will. Sich vor allem auch dabei beobachten, wie sie mit sich selbst und anderen spricht. Liebevoll und Gütig oder hart und verurteilend.

 

Als Übung gebe ich ihr mit, so oft wie möglich, eine Atemmeditation zu machen, in der sie die Liebe aus der Quelle in ihr Herz einatmet und beim Ausatmen in ihren Schoß sendet. Dies möge sie darin unterstützen, sich dauerhaft tief verbunden zu fühlen.

 

Ich bitte sie, im Alltag zu beobachten, wann sich das innere, verletzte Kind voller Sehnsucht nach emotionaler Zuwendung wieder zeigt und genau in diesen Momenten in die Liebe zu gehen und sich mit der ihr nun gut bekannten, da gespürten, Quelle zu verbinden.

Statt Kalorienzählen, tiefe innere Arbeit gegen emotionales Essen

Wenn auch Du das Gefühl hast: "Ich schaffe es einfach nicht abzunehmen, egal was ich tue!", spüre einmal hin, ob für Dich nicht vielleicht auch etwas anderes jetzt dran ist, als Kalorien zu zählen und Dich selbst zu kasteien...

 

Die rein körperliche Ebene ist dabei natürlich auch nicht zu vernachlässigen. Bist Du nicht gut mit allen Grundnährstoffen versorgt, kann Dein gesamtes System durcheinander kommen und nicht optimal arbeiten. Das solltest Du natürlich immer auch im Blick haben und Dich ggf. von einer spezialisierten Heilpraktikerin oder Ärztin begleiten lassen.

 

Die ganzheitliche Betrachtung ist immer wichtig, um die Körper-Seele-Geist-Einheit wieder herzustellen.

 

Ich begleite Dich von Herzen gern durch Deinen seelischen Wachstums-Prozess. Ich nehme wahr, was bei Dir ist, benenne es und eröffne Dir mit meiner Klarheit, meiner Authentizität und meiner Wahrhaftigkeit einen magisch-weiblichen Raum für Dein Erwachen. Und nein, dies ist nicht der schnelle Weg, um gesund und glücklich zu sein. Doch es ist ein nachhaltigerer Weg, Dich tief anzunehmen und mit Deiner eigenen Göttlichkeit zu verbinden.

 

Herzlich

 

Dinah

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Kommentare: 2
  • #1

    Christiane Schultz (Samstag, 03 Februar 2024 08:55)

    Liebe Dinah, wie schön du es geschrieben hast. Ja, sich selbst zu akzeptieren und zu lieben wie ich bin, ist oft nicht einfach. Dennoch in kleinen Schritten zu schaffen. Danke für deinen tollen Bericht. Liebe Grüße Christiane

  • #2

    Marcelle (Samstag, 03 Februar 2024 20:58)

    Oh, Dinah! Ich danke dir von Herzen. Ich nehme so viel Wertvolles aus deinem Blogartikel für mich mit.
    Heute Abend ist das für mich ein grosses Geschenk.
    Tiefen Dank!
    Marcelle