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Kinderwunsch: Warum ist mein Kinderwunsch so groß?

Der 16. Mai ist der offizielle Tag der ungewollt Kinderlosen.

 

Als Betroffene sowie als Therapeutin, die in der täglichen Praxis oft mit dem Thema Kinderlosigkeit zu tun hat, finde ich es wichtig, auf dieses wichtige und sehr sensible Thema aufmerksam zu machen, denn für viele Menschen ist es ein Tabu-Thema. Ein Scham-Thema. Ein schmerzhaftes Thema. Ein Thema, auf das man als Betroffener nicht angesprochen werden möchte. Ein Problem, für das es scheinbar keine Lösung gibt. Viele Frauen und Männer sind über ihre Kinderlosigkeit traurig und verzweifelt. Viele haben ein Kind verloren und dies meist unter traumatischen Bedingungen. Oft entstehen ernsthafte, psychische Probleme, wie z. B. Anpassungsstörungen, Depressionen, Angststörungen oder Panikstörungen. Betroffene fallen nicht selten in ein tiefes Loch. Partnerschaften zerbrechen an dieser alles umfassenden Schwere und Hoffnungslosigkeit. Oft kreisen Fragen, wie diese, in ihrem Kopf:

  • Warum ist mein Kinderwunsch so groß?
  • Welchen Sinn hat mein Leben, wenn ich kinderlos bleibe?
  • Warum trifft es ausgerechnet mich?
  • Wie soll ich bloß mit meinen schwangeren Freundinnen umgehen? 

Auf all diese Fragen gibt es im Moment wahrscheinlich keine Antwort. Die Gedanken kreisen und kreisen. Man liegt wach im Bett und kann sein Unglück kaum aushalten... Am liebsten würde man sich zu Hause verkriechen, um keinen Schwangeren oder frisch gebackenen, glücklichen Müttern und Vätern zu begegnen. 

 

Neben der Traumaverarbeitung und Trauerbegleitung mache ich mit meinen Klientinnen und Klienten gern die folgende Übung, um ein wenig Handlungsfähigkeit zurück zu erlangen. Ich bitte sie, sich vorzustellen, was sie ihrem ungeborenen Kind für sein Leben gewünscht hätten. Das könnte zum Beispiel so aussehen:  

  • Ich wünsche Dir, dass Du Deine Freiheiten erkennst und sie nutzt.
  • Ich wünsche Dir, dass Du in der Lage bist, Hilfe von Menschen anzunehmen, wenn Du sie benötigst.
  • Ich wünsche Dir, dass Du gut für Dich sorgen kannst, damit Du lange gesund bleibst.
  • Ich wünsche Dir Selbstvertrauen.
  • Ich wünsche Dir Selbstwirksamkeit.
  •  Ich wünsche Dir Mut, wenn Du an einer Weggabelung stehst. Mut, verschiedene Wege auszuprobieren solange bis Du einen Weg gefunden hast, der für Dich passt.
  • Ich wünsche Dir, dass Du Deine Bedürfnisse gut wahrnehmen und sie ausdrücken kannst.
  • Ich wünsche Dir, dass Dein Herz lebendig ist. Dass es Dir Schutz bietet, wenn Du Schutz brauchst und dass es lieben kann, wenn Du Liebe brauchst. Dass es nicht starr, verschlossen und fest ist.
  • Ich wünsche Dir, dass Du unabhängig bist von anderen Menschen. Dass Du Dir selbst genug bist.
  • Ich wünsche Dir, dass Du alles, was ist, akzeptieren kannst ohne dagegen zu kämpfen.  

Diese eigene und ganz persönliche Liste auszuarbeiten, darf ruhig etwas Zeit in Anspruch nehmen. Man kann sich immer wieder ran setzen, sich vorstellen, wie das Kind durch sein Leben geht und was man ihm auf seine Reise mitgeben möchte. Vielleicht lässt sich ein schönes Gefäß finden. Eine Schachtel oder ein Täschchen, in das man die guten Wünsche in Form von Zetteln hineinlegt.  Man darf häufiger überprüfen, ob die Formulierung stimmt,  man darf "sezieren" und so lange umschreiben und ändern, bis es sich 100% stimmig anfühlt. Und zwischenzeitlich immer hin spüren: „Wie geht es mir mit dieser Formulierung und meinen Wünschen für mein ungeborenes Kind?“ 

 

Wenn meine Klienten mit ihrer Liste fertig sind, kommt nun der nächste Schritt. Sie dürfen die sorgsam formulierten Sätze umformulieren. Nämlich in Wünsche, Die sie SICH SELBST bzw. ihrem eigenen inneren Kind für seinen weiteren Lebensweg mitgeben möchten: 

  • Ich wünsche mir, dass ich meine Freiheiten erkenne und nutze.
  • Ich wünsche mir, dass ich in der Lage bin, Hilfe von Menschen anzunehmen, wenn ich sie benötige.
  • Ich wünsche mir, dass ich gut für mich sorgen kann, damit ich lange gesund bleibe.
  • Ich wünsche mir Selbstvertrauen.
  • Ich wünsche mir Selbstwirksamkeit.
  •  Ich wünsche mir Mut, wenn ich an einer Weggabelung stehe. Mut, verschiedene Wege auszuprobieren, solange ich einen Weg gefunden habe, der für mich passt.
  •  Ich wünsche mir, dass ich meine Bedürfnisse gut wahrnehmen und sie ausdrücken kann.
  •  Ich wünsche mir, dass mein Herz lebendig ist. Dass es mir Schutz bietet, wenn ich Schutz brauche und es lieben kann, wenn ich Liebe brauche.
  • Ich wünsche mir, dass ich unabhängig bin von anderen Menschen. Dass ich mir selbst genug bin.
  • Ich wünsche mir, dass ich alles, was ist, akzeptieren kann ohne dagegen zu kämpfen. 

Wenn diese Liste fertig ist, haben meine Klienten etwas, mit dem sie weiterarbeiten können. Sie können schauen, wo es in ihrer ganz persönlichen Entwicklung vielleicht noch Luft nach oben gibt. Bei welchem Punkt sie evtl. noch einmal genauer hinschauen dürfen, um Klarheit zu erlangen. Mit dieser Arbeit haben sie die Möglichkeit, sich in dieser schweren Zeit intensiv und effektiv mit sich selbst auseinander zu setzen. Die Gedanken müssen nicht mehr Abend für Abend um das große WARUM kreisen, sondern können in kreative, reflektierende und selbstwirksame Bahnen gelenkt werden.

 

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass jeder ungewollt kinderlose Mensch eines Tages den roten Faden seines Lebens wieder aufnehmen und zuversichtlich in die Zukunft schauen kann. Auf jeden Fall dürfen wir nicht zulassen, dass das Thema ungewollte Kinderlosigkeit ein Tabu-Thema bleibt. Vielleicht habe ich mit diesem Beitrag meinen Teil dazu geleistet. Und übrigens: diese Übung ist auch etwas für alle Menschen, die nicht unter einem unerfüllten Kinderwunsch leiden! Inneres Wachstum ist immer möglich...

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