Die Meinung anderer Menschen ist Ihnen sehr wichtig? Sie lassen andere für sich entscheiden, möchten andere zufriedenstellen oder fühlen sich gar für deren Glück verantwortlich? Sie würden fast alles machen, um an Sie gestellte Anforderungen zu erfüllen? Ganz ohne zu hinterfragen, ob diese Anforderung Ihren persönlichen Bedürfnissen entspricht? Sie sagen viel öfter JA als NEIN und fühlen sich irgendwie schlecht dabei? Oder sie sagen viel öfter JA als NEIN und denken, dazu seien Sie geboren und das wäre einfach Ihre besonders freundliche und zuvorkommende Art?
Wenn Sie sich in irgendeiner Form hiervon angesprochen fühlen, fehlt Ihnen wahrscheinlich eine sehr wichtige Instanz in Ihrem Leben. Wahrscheinlich sind bei Ihnen nur zwei Instanzen ausgeprägt: Es gibt einen AUSLÖSER (innerlich oder äußerlich) sowie die REAKTION auf diesen Auslöser.
Lassen Sie mich ein Beispiel formulieren: Sie treffen einen Freund und dieser fragt Sie, ob Sie ihn am Freitagabend zum Flughafen fahren könnten, da er in den Urlaub fliegen möchte. Ihre prompte Reaktion ist "JA KLAR!". Sie denken sich nicht viel dabei, denn sowas machen Freunde doch gerne. Im nächsten Moment fällt ihnen ein, dass sie schon ihrer Mutter versprochen hatten, am Freitagabend mit ihr ins Theater zu gehen.
So oder so ähnlich trägt es sich in ihrem Leben andauernd zu. Sie können einfach nicht NEIN sagen bzw. ehe Sie überhaupt ein NEIN gedacht haben, ist schon ein JA rausgerutscht. Deshalb ist die weitere Instanz so wichtig. Sie heißt BEWERTUNG. Es geht darum, zu lernen, nach der ersten Instanz AUSLÖSER, die zweite Instanz BEWERTUNG zu etablieren, bevor dann die dritte Instanz, die REAKTION erfolgt.
Lassen Sie mich auf unser Beispiel von eben zurück kommen. Sie könnten z. B., wenn Ihr Freund sie fragt, ob Sie ihn am Freitag zum Flughafen fahren können, so reagieren: "Du, ich muss zu Hause in meinen Kalender schauen, ob ich da Zeit habe. Ruf mich doch heute Abend zu Hause noch einmal an. Dann kann ich Dir mehr sagen". So haben Sie ausreichend Zeit, bis Abends die zweite Instanz BEWERTUNG zum Zuge kommen zu lassen.
Sie können überlegen, ob Sie vielleicht Theater und Flughafen schaffen. Sie können überlegen, ob der Freund nur ein Freund ist, wenn Sie seine Bedürfnisse erfüllen. Sie können überlegen, ob Sie ihrem Freund sagen möchten, dass er sich bitte ein Taxi bestellen soll. Sie könnten sich aber auch überlegen, Ihrer Mutter abzusagen, da Sie auf Theater sowieso keine Lust hatten aber leider auch hier mal wieder zu schnell JA statt NEIN gesagt haben.
Kurz gesagt, sie schinden Zeit, um Ihre eigene Bewertungsmaschinerie anlaufen zu lassen. Am Ende können Sie dann aus vollem Herzen JA oder NEIN sagen. Aber mit dem Unterschied, dass Sie sich nicht ärgern, sondern es gern tun oder eben aus tiefstem Herzen und voller Überzeugung nicht tun.
Das gleiche gilt natürlich auch für innere Auslöser. Es drängt sich z. B. immer wieder ein Gedanke der Eifersucht in Ihr Hirn. Nun können Sie auf diesen Gedanken (innerer AUSLÖSER) hin Ihren Partner sofort bepöbeln und beschuldigen (REAKTION) oder Sie können ganz bewußt die Instanz BEWERTUNG dazwischenschalten, indem Sie innerlich einen Schritt zurück treten und sich selbst Fragen stellen. Z. B.:
Wie wahrscheinlich ist es, dass mein Partner mich wirklich betrügt?
Würde ich tot umfallen, wenn es so wäre?
Wenn nein (was wahrscheinlich ist), was wäre wirklich das Schlimmste, was passieren könnte?
Möchte ich eigentlich noch mit meinem Partner zusammen sein?
Welchen Anteil hätte ich daran, wenn er mich betrügen würde?
Wie würde meine beste Freundin reagieren?
Wie möchte ich wahrgenommen werden?
Was wäre eine erwachsene und angemessene Reaktion auf meinen inneren Auslöser?
Die alles sind nur ein paar Beispielfragen. Es geht also auch hier darum, innerlich einen Schritt zurück zu treten und aus einer erwachsenen Haltung heraus die Bewertungsmaschinerie anzuwerfen, um dann eine angemessene REAKTION zu zeigen.
Dies ist etwas, was man nicht von heute auf morgen schafft, wenn das bisherige Leben weitestgehend aus dem Schema AUSLÖSER - REAKTION bestand. Aber man kann es lernen und genau dabei will Psychotherapie unterstützen. Es geht darum, die Verhaltensmuster zu erkennen, zu benennen und Alternativen zu erarbeiten. Es geht um ein selbstbestimmtes und selbstwirksames Leben. Es geht um Ihr Leben!
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